Lernen mit Video-Tutorials

Prof. Dr. Karsten D. Wolf von der Universität Bremen beantwortet drei Fragen zum Bildungspotential von Erklärvideos.

Schminken, Mathe, Chinesisch – was kann man gut mit Video-Tutorials lernen?

Besonders gut kann man – didaktisch gute Gestaltung vorausgesetzt – mit Video-Tutorials Dinge lernen, die man gut sichtbar vormachen kann, die keine besondere Vorkenntnisse erfordern, in kleine Lerneinheiten aufteilbar sind und bei denen man selbst überprüfen kann, ob etwas gelungen ist oder nicht. Je komplexer der Inhalt, desto höher die Anforderung an die Motivation, das Durchhaltevermögen und die selbstkritische Sicht auf das eigene Tun der Lernenden. Schminken lernt man recht gut, Mathe kann funktionieren und das Chinesischtutorial hilft zumindestens beim passiven Wortschatz. 

Lernt man besser über Videos? 

Hier muss man fragen: besser als was? Am besten lernt man in individueller Betreuung durch einen Lehrenden und einer guten Auswahl an Lern- und Übungsmaterialien. Aber: die gibt es zumeist nicht. Erklärvideos dagegen sind auf YouTube kostenlos verfügbar. Videos können durch ihre Kombination von visuellen Informationen (z.B. Fotos, Illustrationen, Animationen) und gesprochenem Text (Erklärungen) das Verstehen erleichtern. Auch erlaubt das Video, einen Ausschnitt beliebig oft zu wiederholen, bis man ihn verstanden hat. Zum Lernen gehört aber auch die aktive Auseinandersetzung, das Üben und Verbessern der eigenen Performanz. Dabei können Videos nur begrenzt helfen, nur vom Zuschauen alleine kann man zwar etwas verstehen, aber noch lange nicht selbst tun. 

Wie können Schulen  mit Erklärvideos arbeiten?

Schulen können Erklärvideos sehr vielfältig einsetzen. Zur Veranschaulichung im Unterricht können kurze Erklärvideos als Ergänzung oder als Abwechslung zum Lehrvortrag eingesetzt werden. Beim Flipped Classroom nutzen die Schülerinnen und Schüler Erklärvideos zur (ggf. binnendifferenzierten) Vorbereitung, im Unterricht wird dann unter Anleitung der Lehrenden gemeinsam aktiv vertieft und geübt. Besonders interessant ist die Eigenerstellung von Erklärvideos durch die Schüler/innen. Persönlich als Video-Lerntagebuch oder in Lernportfolios dienen sie der Reflektion und pädagogischen Diagnostik, Projekte werden per Videodokumentation festgehalten, die Eigenerstellung ist eine wirksame Lernstrategie.

Prof. Dr. Karsten Wolf hielt heute einen Vortrag auf der Konferenz „Bilder bilden“ in Berlin. Die Veranstaltung fand als Kooperation der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, der Stiftung Brandenburger Tor sowie der Schering Stiftung im Rahmen der Stiftungswoche 2015 statt.