10.05.2014 · Aktuelles

„Zu den Kindern in Kitas gehören auch Eltern“

Aufnahme von Norman Heise und Katrin Molkentin

© DKJS

Katrin Molkentin und Norman Heise, Initiatoren der bundesweiten Elterninitiative

Norman Heise und Katrin Molkentin sind die Initiatoren der ersten bundesweiten Kita-Elternvertretung. Im Interview erzählen sie, was sie antreibt und wie ihre Zukunftsvision der frühkindlichen Bildung in Deutschland aussieht.

 

 

 

Herr Heise, Frau Molkentin, warum braucht es eine Elternvertretung für den Bereich der Kindertagesbetreuung auf Bundesebene?

Weil es sie noch nicht gibt. Kitas haben sich verändert. Sie sind lange nicht mehr ein Ort, an dem Kinder aufbewahrt werden. Es sind Bildungseinrichtungen geworden. Wir wollen daran mitwirken, dass sie familienergänzende Bildungseinrichtungen sind, in denen Erziehungspartnerschaften gelebt werden. Bisher allerdings fehlen die Elternsicht und die Elternmeinung zum ganzen Bereich der frühkindlichen Bildung. Diese Sichtweisen wollen wir auf Bundesebene einbringen.

Was kann ein solches bundesweites Gremium verändern? Welche Chancen bietet es?

Für Eltern sind die unterschiedlichen Standards, Betreuungsschlüssel und -kosten keine Form von Angebot, sondern störend. Eltern sind nicht länger bereit, die Unterschiede als Bereicherung der Angebote verstehen zu müssen. Wir wollen Mindeststandards festschreiben, Qualität in den Kitas auf hohem Niveau sichern und helfen, das Beste voneinander nicht nur zu lernen, sondern anzuwenden. Kitas sind familienergänzende Bildungseinrichtungen. Aber noch nicht überall folgen die Ausstattung und der Alltag diesem Leitbild. Da wollen wir hin! Gute Kitas können es schaffen, die Kinder zu erreichen, aber wenn man die Eltern nicht einbezieht, wird man am Ende zu wenig bewirken. Wenn wir die Forderungen aus den 16 Bundesländern vereinen, kann man uns nicht mehr überhören.

Warum engagieren Sie sich in der Initiative? Was bestärkt Sie persönlich in Ihrem Engagement?

Wir wollten über den Tellerrand schauen und sehen, wo wir mit unseren Berliner Kitas im Vergleich mit anderen Bundesländern stehen. Auch wir waren überrascht, dass wir in vielen Punkten, wie z. B. der Evaluation unserer Kitas, deutschlandweit ganz vorn stehen. Was aber den Betreuungsschlüssel betrifft, sind wir stark verbesserungswürdig. Uns ist wichtig, zu zeigen, dass zu den Kindern in den Krippen, Kitas, Tagespflegestellen und Horten auch Eltern gehören. Das klingt komisch, aber dieser Fakt wird einfach zu häufig übersehen. Wir wollen uns für die Qualitätserhaltung und -verbesserung engagieren. Damit nehmen wir Einfluss auf die Zukunft aller Kinder, auch unserer eigenen Kinder. Das motiviert uns.

Am 15. Februar war Auftakttreffen Ihrer Initiative begleitet vom DKJS-Programm Anschwung für frühe Chancen. Wie geht es jetzt weiter, was sind die nächsten konkreten Schritte?

Wir haben am 15. Februar 14 Bundesländer an einen Tisch gebracht. Wir sind schnell ins Gespräch gekommen und haben fixiert, woran zu arbeiten ist. Am Ende des arbeitsreichen Tages wurde es auch formell und zugleich emotional. Wir haben einstimmig erklärt, dass wir ein Elterngremium auf Bundesebene für die institutionelle Kinderbetreuung gründen wollen. Der Zug ist also ins Rollen gebracht. Wir fahren langsam los, damit noch andere aufspringen können. Denn wir wollen alle Bundesländer zusammenbekommen. Darauf werden wir jetzt weiter hinarbeiten. Es haben sich Arbeitsgruppen zu vielen verschiedenen Themen gegründet, die jetzt bundesweit zusammenarbeiten und ihre Erfahrungen austauschen. Diesen Austausch wollen wir begleiten und fördern. Wir werden zwischenzeitlich mit unterschiedlichen Akteuren ins Gespräch kommen und uns weiter vernetzen. Im Herbst wird es das zweite Treffen geben. Vielleicht steht an dessen Ende dann schon die Gründungserklärung für ein Bundesgremium der Kita-Eltern und vielleicht hat das Kind bis dahin auch einen hübschen Namen.

Ihre Vision für Deutschland im Frühjahr 2020: Welche wichtigen Veränderungen hat es in der frühkindlichen Bildung im Vergleich zu heute gegeben?

Im Frühjahr 2020 gibt es genügend hochqualifizierte Fachkräfte, die mit einer Fachkraft-Kind-Relation arbeiten, die über dem europäischen Durchschnitt liegt. Es wird bundeseinheitliche Mindeststandards für die Qualität geben, die ebenfalls über dem europäischen Durchschnitt liegen. Familien geben ihre Kinder in eine wohnortnahe Einrichtung ihrer Wahl und können dabei aus einer großen Vielfalt von Konzepten auswählen. Die Elternvertretungen in den Bundesländern und auf Bundesebene haben echte Mitspracherechte auf politischer und rechtlicher Ebene. Sie entwickeln gemeinsam mit allen Akteuren die frühkindliche Bildungslandschaft weiter. Dabei steht stets im Fokus, dass Kinder Kinder bleiben können.