17.05.2022 · Pressemitteilungen

Stellungnahme der DKJS zur „Berliner Erklärung“ der Jugend- und Familienministerkonferenz am 12. und 13. Mai 2022

Als Deutsche Kinder- und Jugendstiftung nehmen wir Stellung zur Konferenz der für Kinder-, Jugend- und Familienpolitik zuständigen Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren der Länder (JFMK) am 12.-13.5.2022 in Berlin unter Beteiligung der Bundesfamilienministerin Lisa Paus und der in diesem Rahmen veröffentlichten „Berliner Erklärung“. Ein Schwerpunkt der Beratungen war die aktuelle Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen: Die Angst vor dem Klimawandel, die Auswirkungen der Pandemie und die Sorge um einen Krieg in Europa belasten Kinder und Jugendliche vielfach und Zukunftsängste sowie psychische Probleme nehmen zu. Die JFMK hat sich in der „Berliner Erklärung“ für eine umfassende Unterstützung der Kinder und Jugendlichen ausgesprochen. 

Wir begrüßen, dass die Stärkung der Kinder und Jugendlichen weiterhin und ganzheitlich in den Blick genommen und dabei auf die Kompetenz der Akteure der Kinder- und Jugendhilfe gesetzt werden soll! 

Die DKJS setzt sich mit ihren Programmen seit 1994 für die Stärkung von Kindern und Jugendlichen, ihre umfassende gesellschaftliche Teilhabe, gerechte Entwicklungschancen und gute Bildung ein. In den Pandemiejahren 2020 und 2021 haben wir mit verschiedenen Programmen bundesweit mehrere Tausend Kinder und Jugendliche unterstützt und begleitet. Dabei beobachten wir tagtäglich, wie sich die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen verändert, welche Auswirkungen die Pandemie auf die Entwicklung junger Menschen hat, auf ihre gesellschaftliche Teilhabe und auf die Institutionen, in denen sie normalerweise viel Zeit verbringen – wie Kitas, Schulen, Horte, Jugendhäuser, Sportvereine u.a.m. Wir sehen, dass die vielen haupt- und ehrenamtlichen Menschen in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe und im gesamten Bildungsbereich enorme Kräfte mobilisiert haben, in vielen Bereichen zu neuen Höchstleistungen (z.B. bei der Entwicklung digitaler Alternativen für reale Begegnungsmomente) aufgelaufen sind und dabei immer wieder über ihre Grenzen hinausgehen mussten. 

Eine weitere verstärkte/zusätzliche Unterstützung von Kindern und Jugendlichen und die Nutzung sowie Stärkung der in den letzten zwei Jahren (zum Teil neu) entstandenen Strukturen und Kooperationen halten wir auf Basis unserer Erfahrungen für notwendig, weil: 

  • Kinder und Jugendliche besonders betroffen sind von den multiplen Krisen unserer   Zeit. 
  • zwei Jahre sozialer Entbehrungen, fehlender freundschaftlicher Kontakte, Bewegungsmangel und weniger Anregungen, Kinder- und Jugendbeteiligungsstrukturen, die auf Eis lagen, persönlicher Schicksalsschläge in vielen Familien, ggf. eigener Erfahrung von Erkrankung oder Gewalt, Distanzlernen ohne adäquate Unterstützung, neue Ängste und Sorgen vor einer unsichereren Zukunft u.v.m. für die Kinder und Jugendlichen einen gravierenden Einschnitt bedeuten, der ihr junges Leben stark geprägt hat und noch intensiv auf ihre Entwicklung weiterwirken wird. 

2022 ist das Europäische Jahr der Jugend. Wir freuen uns, dass die JFMK dies unterstützt und bewusst den Fokus auf die Generation lenkt, die von der Pandemie hinsichtlich ihrer Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten am stärksten betroffen sind. 

Die Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche sind durch das Aufholpaket nicht abschließend bewältigt. Gleichzeitig hat die aktuelle Lage den Blick für systemische Ansatzpunkte und den Bedarf an langfristigen Strategien freigelegt. 

Deshalb sehen wir die Notwendigkeit:

  • dass es gerade jetzt darum gehen muss, sich um die jungen Generationen zu kümmern, sie konkret zu unterstützen und sich noch mehr als zuvor für ihre Rechte einzusetzen.
  • dass Mitbestimmungs- und Engagementmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen wieder gestärkt werden müssen.
  • dass parallel zur Lernförderung zunächst emotional und sozial ein stabiles Fundament (wieder) hergestellt werden muss. Hier kann die Kinder- und Jugendhilfe fachlich und strukturell viel leisten. Dafür werden weiterhin Ressourcen für die Förderung von Angeboten zur psycho-sozialen Stärkung und Persönlichkeitsbildung von jungen Menschen über einen längeren Zeitraum benötigt, z. B. im Rahmen des Zukunftspaketes, wie im Koalitionsvertrag angekündigt.
  • dass es einen Schulterschluss unterschiedlicher Akteure braucht und „unprätentiöse“ Kooperationen zum Wohle der Kinder über Systemgrenzen hinweg: zwischen Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Gesundheitswesen und beruflicher Bildung.
  • systematische Impulse zu setzen für eine Transformation im Bildungssystem, um psychosozialen und gesundheitlichen Grundlagen für Lernen und Entwicklung mehr Gewicht zu verleihen und die Resilienz von Kindern langfristig zu stärken,
  • mehr soziale Unterstützung der Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen, z. B. durch die Förderung von zivilgesellschaftlichem Engagement u. a. über Patenschaften und Mentoring.

In einer gemeinsamen Anstrengung von Bund, Ländern und Zivilgesellschaft ist es gelungen, viele Kinder und Jugendliche in den vergangenen Monaten mit diversen Angeboten zu unterstützen. Verschiedene Landesprogramme und das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ des Bundes haben einen Rahmen geschaffen, in dem die Akteure vor Ort kreativ, flexibel und in Kooperation Wege und Formate gefunden haben, um Kinder und Jugendliche zu stabilisieren, zu begleiten und zu ermutigen. Dafür war es wichtig, durch unbürokratische Fördermodelle neue Handlungsspielräume zu bekommen und sich an vielen Stellen auch von bisherigen Pfadabhängigkeiten zu lösen. Neben allen negativen Auswirkungen der Pandemie war das ein Gewinn! 

Wir möchten sehr bestärken, auf das vorhandene Wissen aufzubauen, die etablierten Strukturen und Kooperationen zu nutzen und mit weiteren Ressourcen auszustatten, statt „Räder immer wieder neu zu erfinden“. Dafür stehen wir gerne als Partner zur Verfügung, der ein gutes Aufwachsen und Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt stellt. 

Ebenso stehen wir für einen Dialog zur Verfügung, um darüber nachzudenken,

  • wie die aktuellen Erfahrungen der gleichberechtigten Zusammenarbeit von Kinder- und Jugendhilfe und Schule genutzt werden können, im Zuge der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung und
  • wie es gelingen kann, dass Personal, das jetzt für die Corona-Programme zusätzlich gewonnen wurde, zu halten, zu professionalisieren und angemessen zu vergüten, um Kindern und Jugendlichen langfristig qualifizierte Fachkräfte an ihre Seite zu stellen.

 

Sprechen Sie uns an:

Anne Rolvering: Vorsitzende der Geschäftsführung
anne.rolvering[at]dkjs.de
Annekathrin Schmidt: Themenexpertin Persönlichkeitsbildung
annekathrin.schmidt[at]dkjs.de
Valeska Pannier: Programmleitung AUF!leben-Zukunft ist jetzt.
valeska.pannier[at]dkjs.de