27.10.2021 · Aktuelles / Bayern / Sachsen-Anhalt

„Jugend.Werte.Demokratie“

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Im Sommer 2021 fanden die Demokratiewerkstätten „Jugend.Werte.Demokratie“ bereits zum zweiten Mal statt. Insgesamt wurden vier Werkstätten mit Jugendlichen zwischen 13 und 14 Jahren an der Gemeinschaftsschule Kastanienallee in Halle (Saale), der Grund- und Mittelschule im niederbayerischen Ergolding sowie dem Kinder- und Jugendtreff U27 in Burg, Sachsen-Anhalt umgesetzt.

Die Gespräche mit den Teilnehmenden machten deutlich, dass neben der Schule vor allem das private Umfeld, insbesondere die Familie von zentraler Bedeutung für die Vermittlung von Werten ist. Allerdings „muss man auch selbst herausfinden, welche Regeln einem wichtig sind und welche nicht. Dafür muss man mit anderen Menschen reden“, betonte eine Teilnehmerin. Genau an diesem Punkt setzt das Reflexions- und Diskussionsformat Demokratiewerkstatt an, welches das Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Jugendalter“ gemeinsam mit der Akademie für philosophische Bildung und WerteDialog entwickelt hat.  

Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen einen Raum zu geben, in dem sie erleben, dass ihre persönlichen Erfahrungen wertvoll sind und geteilt werden sollten. Mithilfe der philosophischen Gesprächsführung reflektieren sie nicht nur ihre eigenen Werte, sondern stärken gleichzeitig auch ihre Demokratiekompetenzen.  

Respekt gegenüber anderen

Wenn die teilnehmenden Jugendlichen erzählen, was ihnen wichtig ist, stehen vertrauensvolle Beziehungen, gute Freundschaften, Gesundheit und eine Welt ohne Konflikte ganz oben. Was es dafür braucht, benennen sie ebenso eindeutig wie einstimmig: Respekt. Ein Wert, der sich wie ein roter Faden durch die vier Demokratiewerkstätten zieht.

Fast alle Teilnehmenden haben eine konkrete Situation zum Thema Respekt vor Augen: Beispielsweise zeige man Achtung gegenüber Erwachsenen, indem man „Sie“ sagt, freundlich ist oder in der Bahn einen Platz anbietet. Unter Freund:innen bedeutet Respekt, „sich nicht zu beleidigen, auch wenn es nur Spaß ist“. Familiäre Beziehungen nehmen einen besonderen Stellenwert ein: „Von meinem Vater bis zu meiner kleinen Schwester – meine Familie ist heilig, weil ich ohne sie nicht wäre.

Gute Bildung, Solidarität und Gerechtigkeit

Beim Gedankenexperiment überlegen die Teilnehmenden, welche Werte ihnen für eine ideale Welt wichtig sind: neben Liebe, Freundschaft und Respekt nennen die Jugendlichen auch „gute Bildung“. Auf die Frage, warum ihnen das Lernen so wichtig ist, heißt es: „Wir wollen einen guten Abschluss und einen guten Job.“ und „Wir wollen lernen, wie man einen Mietvertrag macht.“ Darüber hinaus sind die Grundbedürfnisse der Jugendlichen vielfältig und reichen von „Hütten, um zu schlafen“, über den Führerschein ab 16 Jahren, bis hin zu „jeden Tag beten“. Gemeinsam ist ihnen hingegen der Wunsch nach Gemeinschaft und Solidarität. Das verdeutlichen zahlreiche Vorschläge wie „kein Geld, weil man Sachen tauschen kann“, „alle müssen teilen“ und „gegenseitige Unterstützung“. Der Zusammenhalt soll durch Rituale wie „Feste“, „gemeinsam frühstücken“ oder auch „Minecraft spielen“ gestärkt werden.

Ideen für ein besseres Gesellschaft

Bei der Überlegung, welche gesellschaftlichen Strukturen ein friedliches Zusammenleben fördern könnten, setzen viele mit „alle haben eine Stimme“ und „alle dürfen ihre Meinung äußern“ auf vor allem auf demokratische Grundwerte wie Beteiligung und Freiheit. Zudem wünschen sich die Jugendlichen einen gerechteren Politikbetrieb und fordern: „Keine Korruption“ und „keine Vetternwirtschaft“. Vermeiden ließe sich Ungerechtigkeit beispielsweise mit „zwei Präsident:innen … damit sie sich unterhalten können, was zu tun ist“ oder „Politiker:innen, die nicht an einem reichen Ort leben, sondern normal. Damit sie wissen, wie wir leben und denken“, so die Vorschläge der Teilnehmenden.

Jugendliches Engagement vor Ort

Ihre eigene Lebenswirklichkeit empfinden die Jugendlichen als weniger ideal als ihre zuvor entwickelten Gesellschaftsentwürfe. Die meisten Teilnehmenden glauben beispielsweise nicht, dass sie mehr Einfluss hätten, wenn sie wählen gehen oder gewählt werden dürften. Dagegen erhoffen sie sich mehr vom eigenen Engagement vor Ort: „Lieber was im eigenen Umkreis bewirken“ und auf Menschen zugehen. Das Credo lautet: „Wenn man so handelt, wie man es sich wünscht, kann man vielleicht andere dafür gewinnen.“

Demokratiebildung im Jugendalter

Das bundesweite Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Jugendalter“ bündelt Kompetenzen, um demokratische Kultur und Strukturen sowie partizipative Ansätze in der schulischen und außerschulischen Bildung im Jugendalter zu stärken. Das Kompetenznetzwerk unterstützt Schulen, Akteure der Kinder- und Jugendhilfe und Kommunen mithilfe von Veranstaltungen, Publikationen, Beratungs- und Qualifizierungsangeboten bei der Umsetzung von Demokratiebildung im Alltag.

Die Partner im Kompetenznetzwerk sind die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, die Dialog macht Schule gGmbH, das Netzwerk für Demokratie und Courage und Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (Aktion Courage e.V.). Das Kompetenznetzwerk wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.