25.03.2022 · Aktuelles / Berlin / Brandenburg / Hamburg / Sachsen / Schleswig-Holstein

#gemeinsamSTÄRKER EXTRA: Krieg und Flucht in Europa

© dkjs/A. Avdic

Krieg und Flucht in Europa: Unter diesem Thema stand die digitale Veranstaltung #gemeinsamSTÄRKER EXTRA am 21. März 2022, die im Rahmen von Vielfalt entfalten – Gemeinsam für starke Schulen in Sachsen angeboten wurde. Gemeinsam mit dem Referenten Dr. Udo Baer gingen die teilnehmenden Bildungs- und Schulakteur:innen unter anderem den Fragen nach, wie mit traumatisierten Kindern und möglichen Retraumatisierungen anderer Kinder umgegangen und ihnen die Ängste genommen werden können und was diese Themen für die pädagogische Beziehungsarbeit bedeuten.  

Umgang mit Traumaerfahrungen 

In seinem Impuls erklärte Dr. Udo Baer, dass sich Traumasymptome lediglich bei ca. 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen unmittelbar zeigen. Bei den anderen werden diese erst Jahre später sichtbar, zum Beispiel, wenn sich ihre persönlichen Verhältnisse wieder stabilisiert haben. Man dürfe nicht unterschätzen, dass solche Erfahrungen Kinder nachhaltig und langfristig beeinflussen und begleiten, selbst wenn die Erinnerungen verblassen. Wichtig sei es laut Referenten, den traumatisierten Kindern und Jugendlichen Raum zu geben, Trost zu spenden und ihnen das Gefühl von Gemeinschaft und Geborgenheit zu vermitteln. Wichtig sei auch, verlässlich, authentisch und ansprechbar zu sein. Auch die jeweiligen Bedürfnisse sollten erfragt werden und das Selbstwertgefühl über Erfahrungen der Selbstwirksamkeit gestärkt werden. 

Non-verbale Wertschätzung 

Auch wenn die geflüchteten Kinder die deutsche Sprache nicht verstehen, spüren sie Wertschätzung non-verbal, so der Referent. Offene und warmherzige Augen seien ein wichtiges Signal. Gleichzeitig erklärt er, dass es Geduld brauche, bis Kinder im Alltag hier in Deutschland angekommen sind. Denn jedes Kind verarbeitet das Erlebte in eigener Geschwindigkeit. Jegliches spielerische Agieren sei hierfür förderlich. Denn über Spiel und Kreativität kann einerseits (nonverbal) Gemeinschaft hergestellt werden; andererseits dient es auch der Verarbeitung der Erfahrungen.  

Über Krieg und Flucht sprechen 

Fluchterfahrungen sind schmerzhaft – nicht nur für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, sondern auch für Gleichaltrige hier in Deutschland. Es brauche eine hohe Sensibilität von Pädagog:innen, keinesfalls sollte das Thema tabuisiert werden. Herr Baer empfiehlt, die Klassen zu teilen und nur solchen Kindern Informationen zuzumuten, die daran Interesse zeigen. Dabei ist eine fragende Grundhaltung zentral, um die Themen zu besprechen, die Kinder bewegen. Im Austausch mit ihnen rät er dazu, an deren Konflikterfahrungen anzuknüpfen und – falls nötig – Unterstützung von außen hinzuzuziehen. Denn klar sei auch, dass kein:e Pädagog:in allwissend ist. Es ist in Ordnung zuzugeben, nicht auf alle Fragen eine Antwort zu haben.

Sicherheit geben und Unsicherheit zulassen 

Kinder benötigen das Gefühl von Sicherheit. Gleichzeitig sei es auch wichtig, wahrhaftig zu sein und eigene Unsicherheiten und Ängste maßvoll zu zeigen. Pädagog:innen sind für die Kinder Vorbilder, durch die sie lernen können, dass Ängste menschlich sind. Außerhalb der pädagogischen Arbeit sei es wichtig, für sich selbst zu sorgen, zum Beispiel indem Nachrichten nur bis zu einer festgelegten Zeit verfolgt werden. Ängste und Unsicherheiten gilt es zu verarbeiten. Dafür empfiehlt der Referent, sich mit Kolleg:innen oder Freunden auszutauschen und gegenseitig zu stärken.  

Vielfalt entfalten – Gemeinsam für starke Schulen ist ein Projekt der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und wird gefördert von der Stiftung Mercator.