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Perspektive 2052: Eine „kleine Utopie“ für die Bildung der Zukunft 

Anne Rolvering auf dem Tag der Bildung 2022

© DKJS/ J. Farys

Der heutige International Day of Education ist dem Motto "In Menschen investieren, Bildung priorisieren" gewidmet. Mit dem Gedenktag möchte die UN-Generalversammlung zum bereits 5. Mal an die bedeutsame Rolle der Bildung für eine Kultur des Friedens und eine Nachhaltige Entwicklung erinnern.

Neben dem International Day of Education lädt die DKJS mit ihren Partnern jährlich am 8. Dezember zum bundesweiten Tag der Bildung ein. Zum Tag der Bildung 2022 zeichnete Anne Rolvering, Vorsitzende der DKJS-Geschäftsführung, mit ihrer Rede im Umweltforum Berlin eine gemeinsame Vision von guter Bildung – ein Plädoyer zum Auftakt des Jahres für eine Kultur der nachhaltigen Veränderung. Anlässlich des internationalen Bildungstags fassen wir heute die Kerngedanken der „kleinen Utopie” als große Vision für den Bildungsstandort Deutschland zusammen:

2022/23 – Impulse für eine Zeitenwende 

Wir schreiben das Jahr 2052. Unsere Vision von guter Bildung ist Wirklichkeit geworden. Die darunter liegenden geteilten Ziele waren ambitioniert, aber nicht utopisch. Diese Ziele haben einst alle motiviert, haben Kreativität und Innovationskraft einen Raum geboten und Lust gemacht auf eine Zeitenwende in der Bildung.

Viele OECD Länder schauen heute auf Deutschland, viele Transferfragen erreichen uns. Prozess, Ressourcen, Handreichungen sind erarbeitet. Was war geschehen?

Der Wandel begann in Zeiten der Krise und großer Herausforderungen:  Zum Jahreswechsel 2022/23 jagte eine Krise die andere: Corona, Angriffskrieg in der Ukraine, knapper werdende Haushalte, Herausforderung der Digitalisierung, kontinuierliche Integrationsherausforderungen und Fachkräftemangel.

Negativschlagzeilen dominierten unsere Bildungslandschaft:

  • Das deutsche Bildungssystem ist nicht krisen- und zukunftsfest
  • IQB-Bildungstrends und Pisa attestieren den Kindern und Jugendlichen im Land enorme Lücken in wichtigen Basiskompetenzen
  • Junge Menschen glauben nicht mehr an die Bildungsutopie und das Aufstiegsnarrativ
  • Die gesellschaftliche Spaltung nimmt zu, von Bildungsgerechtigkeit sind wir weit entfernt
  • Der Fach- und Lehrkräftemangel bestimmt den Alltag an Kitas und Schulen und gefährdet Qualität, Weiterentwicklung und notwendige Reformen
  • Kinder und Jugendliche, Lehrkräfte und das pädagogische Personal sind im Dauerkrisenmodus und psychisch stark belastet.

Dann die Zäsur: Bundeskanzler Scholz hält beim ersten großen Bildungsgipfel seine wegweisende Zukunftsrede zur Bildung in Deutschland und läutet damit eine Zeitenwende für ambitioniertes Anpacken und eine Kultur der nachhaltigen Veränderung ein. Die Akteure waren damals zwar allesamt erschöpft, aber noch nicht mutlos. Sie waren ungeduldig, voller Energie, Kraft und Fantasie. Dann ging es schnell.

Gelingensfaktoren für 2052: 5 Dinge, die die Zeitenwende eingeleitet haben 

Was brauchte es für den Wandel, was haben wir in der Rückschau gut gemacht? 

  1. Die damaligen Headlines und die schweren Befunde haben den Blick nicht verstellt auf die vielen Menschen im Bildungssystem, auf die Mutmacher:innen aus Kita, Schule, Sozialraum usw., die zum richtigen Zeitpunkt Veränderung angestoßen haben. Das Annerkennen, Sichtbarmachen und Wertschätzen dieser Professionen war Grundlage für alles weitere.
  2. Bildung hat Kinder und Jugendliche mit Kompetenzen ausgestattet, die sie befähigen, mit den Anforderungen der Zukunft gut umzugehen: die Aneignung von Zukunfts- und Selbstlernkompetenzen, die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren, das eigene Lernverhalten zu gestalten, in unsicheren Zeiten navigieren zu können. Dieses Rüstzeug für lebenslanges Lernen in einer Welt der stetigen Veränderung war ein zweiter wichtiger Baustein.
  3. Bildung wurde in Partnerschaften, nicht nur als Kooperations- sondern als kollaborative Leistung gedacht. Es brauchte eine Öffnung, Stärkung und Unterstützung der Bildungsinstitutionen und eine Diskussion um die Exklusivität und den Stellenwert der formalen Bildung.
  4. Die Erkenntnis: Bildung ist mehr als Lernen. Heute sehen wir, dass erfolgreiche Bildungssysteme auf drei Ziele einzahlen: Leistung, soziale Gerechtigkeit und Persönlichkeit. Mehr auf Anschlüsse zu schauen statt auf Abschlüsse war ein notwendiger Paradigmenwechsel.
  5. Gute Bildung wurde Motor für soziale Integration - gerade in Krisenzeiten. Wir haben uns damals von Bildung, die vererbt wird und von sozialen, regionalen oder kulturellen Faktoren abhängig ist, verabschiedet. Nicht mit der Gießkanne zu fördern, sondern gezielt diejenigen, die besonders Hilfe brauchen, war dafür die notwendige Bedingung.

Der Bildungsgipfel zum Jahresanfang 2023 hatte die Grundlage gelegt und die Kultur der Veränderung etabliert, weil Vision und Ziele klar waren. Alle haben an einem Strang gezogen, Kita-Schule-Jugendhilfe, Abgeordnete, Ministerien, Bildungsverwaltung. Wissenschaft hat unterstützt, genauso wie Zivilgesellschaft, Stiftungen und Wirtschaft. Es wurde klar: Die gemeinsame Vision von guter Bildung und die darunter liegenden geteilten Ziele waren die impliziten Gelingensbedingungen für die Zeitenwende in der Bildung. 

„Diese notwendige Transformation kann nur gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen und alle ihre Expertise einbringen dürfen“, resümiert Anne Rolvering und setzt auf „Handlungsmut und Freude, das Problem gemeinsam anzupacken“.