18.01.2018 · Aktuelles

Arminia, Ausbildung, Ankommen

zwei Männer in Fußballtrikots schauen auf einen Plan

© dkjs/C. Protte

Am 1. Dezember 2017, einem frostigen aber weitestgehend trockenen Freitagabend, traf Arminia Bielefeld in der 2. Bundesliga unter Flutlicht auf den FC St. Pauli. Der Stadionbesuch bildete den Auftakt für 25 junge Geflüchtete, die an diesem Wochenende an einem Lehrgang von Willkommen im Fußball teilnahmen. Für viele Teilnehmende eines der Highlights des Wochenendes, das allerdings noch viel mehr zu bieten hatte.

Angemeldet zum zweitägigen Trainerlehrgang hatten sich insgesamt 25 junge Menschen aus Sambia, Syrien, Afghanistan und anderen Nationen, angereist aus allen Himmelsrichtungen. Die Teilnehmenden, die nun aus Leipzig, Freiburg, Hamburg, Nürnberg, Fürth, Wolfsburg, Weiterstadt, Berlin und Bielefeld kamen, haben eines gemeinsam: Die Leidenschaft für den Fußball.

Vom Anfänger bis Profi: Vielfalt in jeglicher Hinsicht

„In Deutschland war ich vorher noch nie im Stadion, in Damaskus habe ich schon vor 30.000 Zuschauern gespielt“, äußerte Kamal* etwas wehmütig. Gleichzeitig ist dem schüchternen Syrer die Freude nach dem Flutlicht-Spiel deutlich anzumerken. Und auch die anderen Teilnehmenden, nicht alle mit derartig professioneller Vorerfahrung, waren sichtlich begeistert. Die Beschäftigung mit dem Fußball bietet positive Abwechslung vom Alltag.

Das „Willkommen im Fußball“-Bündnis um das Sport- und Bildungsprojekt „Bielefeld United“, eine von 23 bundesweiten Kooperationen zwischen Bundesligavereinen, Amateurklubs, lokalen Bildungsträgern, bürgerschaftlichen Initiativen und kommunalen Akteuren, fungierte als würdiger Gastgeber des Trainerlehrgangs für Geflüchtete mit erster Übungsleitererfahrung.

Erst das Vergnügen, dann die Arbeit

Bereits am frühen Samstagmorgen ging es nach einem abendlichen Freizeitprogramm in die Vollen: In der Bielefelder „Laborschule“ traf sich das vielfältige Teilnehmendenfeld zum ersten Theorieteil. Der inspirierende Veranstaltungsort bot die perfekte Grundlage, um sich mit den angehenden und teilweise bereits aktiven Trainerinnen und Trainern zu Inhalten über Trainingsaufbau, Methoden sowie Kommunikation auszutauschen und konzentriert an den eigenen Umsetzungen für die Praxis zu arbeiten.

Ziel war es dabei, den Teilnehmenden auf der einen Seite wichtiges Basiswissen zu vermitteln und auf der anderen Seite viel Raum zum selbstständigen Ausprobieren für die eigene Praxis zu bieten.

Komplexe Theorie, oder: Wie funktioniert eigentlich das deutsche Vereins- und Lizenzierungswesen?

Flankiert wurden die ersten Grundlagen von einer Einführung in das Vereins- und Lizenzsystem sowie die zugehörigen Institutionen in Deutschland, geleitet von Landessportbund-Mitarbeiter Felix Lüppens – für viele Teilnehmende völliges Neuland. Eine Erkenntnis, die sicherlich nicht überraschte, dafür aber für die Arbeit mit Geflüchteten umso wichtiger erscheint. Der Einstieg in die hiesige Vereinslandschaft, häufig ein erster Baustein für gelingende Integration, wird durch Willkommen im Fußball deutlich erleichtert.

Bestandteile der einzelnen Workshops waren der Trainingsaufbau und die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, denen jeder Trainer und jede Trainerin große Bedeutung beimessen sollte. Hinzu kam eine Einheit zu Kommunikation im Training vor und mit dem Team. Gemeinsam konnten die Teilnehmenden sich ausprobieren und zu dem Ergebnis kommen, dass es im Trainingsalltag hilfreich ist, sich mehrerer Kommunikationsarten wie Zeigen, Erklären und Vormachen zu bedienen – vor allem bei der Arbeit mit Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländer und Sprachräumen essentielle Bestandteile.

Auch Softskills, die für Trainerinnen und Trainer wichtig sind, wurden besprochen. Als wichtigste Eigenschaften wurden neben Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, eigene Erfahrungen und Fachwissen sowie Führungsfähigkeit auch Kreativität und Humor genannt. Die Motivation war Kamal* und Co. dabei durchaus anzumerken. Schön zu sehen war zudem, dass auch die vielen eher schüchternen Teilnehmenden in Verbindung mit dem positiv konnotierten Thema Fußball langsam aus ihrer Haut kamen.

Schwerstarbeit am Sonntag – und eine Menge Spaß

Am Sonntag folgte eine Abwechslung aus „kleinen Spielen“, Teambuilding und einer Einführung in die Bedeutung von Flexibilität im Training als Themenschwerpunkte. Vermittelt wurde, dass es gerade im Trainingsalltag wichtig ist, auf ein Team eingehen zu können und insbesondere bei Kindern für ein abwechslungsreiches Programm zu sorgen.

Das absolute Highlight stellte der aktive Praxisteil dar, bei dem alle Teilnehmenden eigene Trainingsübungen präsentierten und zeigen konnten, welche Schwerpunkte sie als Trainerinnen und Trainer setzen wollen. Interessant war dabei, dass sowohl bereits relativ erfahrene Trainer und Trainerinnen, unter anderem brachte ein ehemaliger Beachsoccer-Nationaltrainer seine Erfahrung ein, als auch weniger professionelle Anwärter und Anwärterinnen ihre Stärken auf den Platz bringen konnten.

Parallel fand ein Torhüter-Workshop mit Jonas Ermes von „In safe hands e.V.“ statt. Der Ex-Profi (u.a. VfL Bochum), der innerhalb einer Initiative ehemaliger deutscher Torhüter mit Geflüchteten arbeitet, ließ die Lernenden durch die Manege fliegen und brachte sie ordentlich zum Schwitzen.

Am Ende gewinnen alle

Die Win-win-Situation liegt nach den Erfahrungen in Bielefeld einmal mehr auf der Hand: Die neuen Coaches können weitere Erfahrungen sammeln, soziale Kontakte im Verein aufbauen, viel Deutsch sprechen, Spaß am Fußball erleben und vermitteln sowie Verantwortung übernehmen. Vereine wiederum gewinnen neue Ehrenamtliche – hochmotiviert und sicher eine großartige Unterstützung für jedes Team!

In der abschließenden Feedback-Runde schlug sich dann noch einmal die große Begeisterung nieder, die sich bereits während der konzentrierten und motivierten Arbeit am Wochenende gezeigt hatte. „Viele Übungen und eine sehr gute Stimmung, ich habe wirklich viel gelernt. Super Leute, super Wochenende. Ich freue mich auf meine Arbeit als Trainer.“, fiel das Fazit eines Teilnehmers durchweg positiv aus.

Die Fußballvereine im gesamten Bundesgebiet können sich schon jetzt auf großartige Trainerinnen und Trainer freuen, denen sich durch die ehrenamtliche Arbeit zudem Wege in andere Bereiche der Gesellschaft eröffnen!

*Name geändert