
© DKJS/ Dominik Schmitz
Lesen, Schreiben, Rechnen – Was braucht es für eine ganzheitliche Bildung? Am 19. September hat der zweite digitale Bildungstalk in diesem Jahr am Standort Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) stattgefunden. Zahlreiche Vertreter:innen aus der Bildungsverwaltung, von Netzwerk- und Kooperationspartnerinnen, Pädagog:innen aus der formalen und non-formalen Bildung sowie Akteur:innen und Interessierte aus nah und fern waren der Einladung gefolgt.
Internationale Studienergebnisse und bildungspolitische Entwicklungen haben dazu geführt, dass der Ruf nach einer Stärkung der schulischen Basiskompetenzen den aktuellen Diskurs bestimmt. Im Frühjahr 2024 hat die Kultusministerkonferenz (KMK) die aktualisierte Leitlinie für die Grundschule „Mehr Zeit für Basiskompetenzen in der Grundschule“ veröffentlicht. Diese unterstreicht den skizzierten Trend: „Durch mehr Zeit für Deutsch, Mathematik und Sachunterricht machen wir Kinder fit für Ihre Zukunft“, sagt KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (2024). Die Studienergebnisse sind „nicht akzeptabel“ (vgl. rbb24), betont auch die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch im Sommer 2024. Weshalb in Berlin zum Schuljahr 24/25 unter anderem Lesebänder und Fachleitungsstunden eingeführt werden.
Balance aus Basis- und Zukunftskompetenzen
„Wir nehmen diese Schwerpunktsetzung wahr und ernst. Allerdings stellt sich auch die Frage, ob damit der Komplexität der Herausforderungen und vor allem den Bedarfen der Kinder und Jugendlichen gerecht wird.“ So Annekathrin Schmidt, Leiterin des DKJS-Standorts Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, in ihrem Input: Nach wie vor sind Aspekte wie die individuelle Lebenslage, das Geschlecht, das Herkunftsmilieu und Migrationsbiografien ausschlaggebend für Lernerfolge und Bildungsbiografien. Ein ebenso zentraler Einflussfaktor für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen sind die sogenannten „Stapelkrisen“ unserer Zeit. Kinder und Jugendliche haben Zukunftsängste, Ohnmachtsgefühle und immer mehr psychische Belastungen. Darauf muss ein ganzheitliches Bildungsangebot auch eingehen. „Dass die Stärkung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen und die Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen wiederum eine positive Wirkung auf die Basiskompetenzen hat, zeigte auch kürzlich wieder der „OECD Survey on social and emotional skills 2023“, so Annekathrin Schmidt.
Anhand von Thesen, die aus Programm-Erfahrungen am Standort Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern resultieren, stellten sich die Teilnehmer:innen im Bildungstalk den Fragen, wie die Kompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen gestärkt und auch außerhalb des jeweiligen Unterrichtsfachs gefördert werden können und wie sie mit Persönlichkeitsbildung und sozio-emotionaler Stärkung kombiniert werden können.
Eindrücke aus der Praxis
Wie eine Balance zwischen Basiskompetenzen und Zukunftskompetenzen gelingen kann, zeigten im Anschluss drei Praxisbeispiele. So berichtete Medy Hartung, Geschäftsführerin der Bildungsbeweger e. V. von ihrer engagierten Arbeit, bei der die sozial-emotionale Stärkung der Kinder und Jugendlichen im Zentrum steht und damit bei vielen Kindern erst wieder „Türen öffnet“ für erfolgreiches Lernen. „Bei uns steht der Spaß im Vordergrund, das sinnliche Erleben“, so Hartung. „Das implizite und das explizite Lernen gehen bei unseren Projekten Hand in Hand“.
Dem Ansatz „Lernen mit Kopf, Hand und Herz“ folgt die Lernwerkstatt am Grünen Campus Malchow, die Claudia Sorgenfrei und ihre Kollegin leiten. Hier werden die Kinder und Jugendliche zu Forscher:innen und Entdecker:innen. „Sie finden in der Lernwerkstatt ihren eigenen Lernweg“, so Sorgenfrei, „Sie können Fehler machen und [entsprechende] Umwege sind [dabei ] erlaubt“.
Auch zwei Projekte aus dem Programm Kulturagenten für kreative Schulen Berlin der DKJS wurden vorgestellt: Die Bücheragent:innen in der Nürtingen-Grundschule und die Schüler:innen-Gruppe der Integrierten Sekundarschule Mahlsdorf machen sich jeweils auf den Weg, ihre Schulbibliotheken neu zu erleben bzw. zu gestalten. „Dabei werden basale, schulische Kompetenzen, wie das Lesen, mithilfe der Kulturellen Bildung gestärkt“, erklärten die Kulturagent:innen Julia Kuzminska und Carsten Cremer.
Ein Hier, ein Jetzt und eine Zukunft
In einem abschließenden Austausch in zwei Gruppen konnten alle Teilnehmenden ihre Fragen und Erfahrungen zum/mit dem Thema einbringen und kollegial besprechen. Die Vielfalt des Themas wurde betont und die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Bildung hervorgehoben. Wichtig dafür sind gute Rahmenbedingungen und ausreichend personale, finanzielle und materielle Ressourcen. So dass jede:r Schüler:in ein Hier, ein Jetzt und eine Zukunft erlebt, die sinnstiftend und erfüllend ist, wie es das Leitbild der DKJS fordert.
Der DKJS-Standort Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern lädt zweimal jährlich zum digitalen Bildungstalk ein. Es werden Themen mit den Teilnehmenden geteilt, die in der Programmarbeit am Standort identifiziert und diskutiert werden.
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