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Wie lassen sich digitale Kompetenzen systematisch und nachhaltig im Bildungssystem verankern? Mit dieser Leitfrage begab sich ein Team der DKJS im Rahmen des Programms Bildung auf Reisen – Impulse für Morgen auf eine Lernreise nach Prag und Hradec Králové in Tschechien. Mit dabei waren Vertreter:innen aus Bildungsministerien, der außerschulischen Medienbildung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.
Digitale Bildung im internationalen Vergleich: Tschechien als Vorbild
Ausgangspunkt der Reise waren die Ergebnisse der internationalen Vergleichsstudie ICILS 2023, in der Deutschland lediglich im Mittelfeld landete: Mehr als 40 Prozent der Achtklässler:innen verfügen nur über grundlegende digitale Kompetenzen – mit weitreichenden Folgen für ihre gesellschaftliche Teilhabe, kritische Informationsverarbeitung und Selbstständigkeit im digitalen Raum. Tschechien hingegen gehört zur europäischen Spitzengruppe und war somit ein besonders lohnenswerter Zielort für den Austausch.
Vor Ort führten Besuche bei der Tschechischen Schulinspektion, Austausch mit dem Bildungsministerium, dem Nationalen Pädagogischen Institut und an zwei engagierten Grundschulen, die die Jahrgänge 1-9 umfassen, zu einem tiefen Einblick in die digitale Transformation des tschechischen Bildungssystems.
Schule als lernende Organisation mit klarer Vision
In Tschechien wird Schule als Ort des gemeinsamen Lernens verstanden – nicht nur für Schüler:innen, sondern auch für Lehrkräfte und Schulleitungen. Regelmäßige Hospitationen, schulinterne Austauschrunden und Tandemprogramme mit Lehramtsstudierenden stärken das kollegiale Lernen und die Qualität des Unterrichts. Diese Kultur des Miteinanders ist fest in den Schulen verankert und wird von einer starken regionalen Vernetzung der Schulleitungen ergänzt – sowohl zur gegenseitigen Beratung als auch zur gezielten Nutzung nationaler und europäischer Förderprogramme.
Datengestützte Schulentwicklung als strategisches Instrument
Die tschechische Bildungsadministration arbeitet konsequent datengestützt: Schulentwicklungsprozesse orientieren sich an konkreten Bedarfen, Fortbildungsangebote greifen aktuelle Themen auf und nutzen diese als Anknüpfungspunkte für langfristige Entwicklungen. Unterstützungsformate reichen von technischer und personeller Beratung über praxisnahe Materialien bis hin zu Webinaren und Maker Spaces. Europäische Instrumente wie DigCompEdu und SELFIE sind fest in der Entwicklung digitaler Lehrkompetenzen verankert.
Universitäten als Motoren des Wandels
Besonders inspirierend war die enge Verzahnung zwischen Lehrkräftebildung und schulischer Praxis. An der Universität in Hradec Králové beispielsweise wird der Anspruch verfolgt, Universitäten nicht nur als Wissensvermittler, sondern als aktive Gestalter des Bildungswandels zu begreifen. Lehramtsstudierende sammeln ab dem ersten Semester Praxiserfahrung in Schulen und werden nicht nur als Lernende, sondern auch als Mulitplikator:innen verstanden.
Digitale Bildung beginnt früh und ist systematisch verankert
Informatik ist in Tschechien bereits ab der Primarstufe Pflichtfach. Gleichzeitig werden digitale Kompetenzen in allen Fächern fächerübergreifend vermittelt. Digitale Werkzeuge gehören zum Alltag im Klassenzimmer – sie werden selbstverständlich genutzt, nicht als technisches Extra, sondern als integraler Bestandteil des Unterrichts. Die Vermittlung digitaler Kompetenzen geht dabei einher mit einer Stärkung von Selbstvertrauen, Selbstwirksamkeit und der Bereitschaft zum lebenslangen Lernen.
Gestaltungswille und partizipative Prozesse
Bemerkenswert war auch das hohe Maß an Selbstreflexion und Weiterentwicklungsbereitschaft bei Lehrkräften, Bildungseinrichtungen und Ministerien. Strategieprozesse werden partizipativ gestaltet – beispielsweise in Form von Round Tables – und ermöglichen so eine breite Beteiligung und Motivation aller Akteure. Schulleitungen genießen mehr Autonomie und gestalten ihre Führungsrolle aktiv und strategisch.
Impulse für Deutschland
Die Erfahrungen aus Tschechien zeigen eindrücklich: Der digitale Wandel in der Bildung gelingt nicht allein durch Technik. Entscheidend sind Haltungen, kooperative Strukturen und die Bereitschaft, Schule als lernende Organisation zu denken.
Diese Impulse werden nun in einem Inspirationspapier zusammengeführt, das nach der Sommerpause veröffentlicht wird und konkrete Handlungsempfehlungen für die Bildungspolitik in Deutschland geben soll.
Bildung auf Reisen – Impulse für Morgen ist ein Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und wird gefördert von der Soziallotterie freiheit+.
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